Praxis für Psychosomatische Medizin
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Dr. med. Bernhard Palmowski, Berlin

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Pressekonferenz der Deutschen Gesellschaft für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie am 22.11.2007

Neue Erkenntnisse zu Funktionellen Somatischen Syndromen (FSS)

Dr. med. Bernhard Palmowski, Vorsitzender des Landesverbandes der DGPM Berlin / Brandenburg

Ob Kopfschmerzen, Rückenschmerzen, Herzrythmusstörungen, Verdauungsbeschwerden oder Gelenkschmerzen – noch dauert es ca. sieben Jahre bis ein Patient mit einer funktionellen somatischen Erkrankung die richtige ärztliche Versorgung erhält. Eine Odyssee durch viele Arztpraxen und Kliniken prägt den Leidensweg.

Anlaß

Eine in diesem Jahr in der international renommierten Zeitschrift "The Lancet" veröffentlichte ausführliche Übersichtsarbeit von drei deutschen Psychosomatikern (Henningsen, Zipfel und Herzog) faßt den aktuellen wissenschaftlichen Stand zusammen und gibt wichtige neue Empfehlungen zur medizinischen Versorgung dieser Patientenpopulation.

Definition und Problem

Funktionelle somatische Syndrome sind Krankheitszustände, bei denen die körperliche Funktion eines oder mehrere Organe krankhaft gestört ist, ohne daß es bislang zu strukturellen organischen Schäden gekommen ist. Das persönliche Leiden und die alltägliche Beeinträchigung der Patienten ist dabei oft intensiver als bei Erkrankungen mit greifbaren pathologisch anatomischen oder feingeweblichen Veränderungen. So sind die individuellen Einschränkungen bei einer Fibromyalgie beispielsweise nicht selten einschneidender als im Falle einer rheumatoiden Arthritis. Von den Belastungen dieser Erkrankungsgruppe sind jedoch nicht nur der einzelne Patient, sondern ebenso die behandelnden Ärzte und das gesamte Gesundheitswesen betroffen. Für den behandelnden Hausarzt oder Facharzt ist der Umgang mit einem schwer leidenden Patienten ohne sicher greifbaren und kausal erklärenden organpathologischen Befunde eine große Herausforderung. Das Gesundheitswesen ist durch die enormen Kosten dieser Erkrankungen betroffen.

Häufigkeit

Das Auftreten funktioneller somatischer Erkrankungen in der Normalbevölkerung kann mit ca. 10% angegeben werden. In den Arztpraxen und Kliniken liegt der Anteil je nach Studie und Definition mit zwischen 30% und 50% noch viel höher.

Beschwerdebilder und Einteilung

Es können drei große somatische Beschwerdegruppen zusammengefaßt werden:

  1. Schmerzen unterschiedlicher Lokalisation: Kopf, Rücken, Brustraum, Bauchraum, Becken, Gelenke, Muskeln etc.
  2. Funktionsstörungen von: Herzrythmus, Blutdruck, Nahrungsaufnahme, Stuhlgang, Motorik, Empfindung etc.
  3. Beeinträchtigung der allgemeinen vitalen Funktionen durch Erschöpfung und Müdigkeit.

Besonderheiten

Funktionelle somatische Syndrome zeichnen sich durch hohe Variabilität und Komplexität aus. Die Symptomatik ändert sich häufig von beispielsweise Kopfschmerzen über Rückschmerzen zu herzbezogenen Beschwerden. In vielen Fällen bestehen funktionelle Symptome verschiedener Organsysteme gleichzeitig wie zum Beispiel Gelenk- und Muskelschmerzen parallel zu Obstipation und Unterbauchschmerzen. Sehr häufig, jedoch nicht in jedem Fall, besteht eine psychische Symptomatik wie Ängste oder depressive Verstimmungen.

Diese Variabilität und Komplexität führt nach Ansicht der Autoren dazu, daß die bisher häufig praktizierte isolierte Diagnostik und Behandlung dieser Patienten in organbezogenen Spezialfächern wie Orthopädie, Gynäkologie, Innerer Medizin oder auch rein psychologisch durch entsprechende Psychotherapeuten in der Regel für den Kranken wenig hilfreich und gesamtgesellschaftlich unwirtschaftlich ist. Für ein angemessenes Verständnis und eine kurativ abzielende Versorgung dieser großen Patientenpopulation ist ein übergreifendes, eingehende somatische wie auch psychotherapeutische Kompetenz beinhaltendes, medizinisches Angebot erforderlich.

Lösung

Es lassen sich vier Behandlungsoptionen unterscheiden:

  1. Medikamente mit peripherem organbezogenem Ansatzpunkt, z. B. Antiarrythmika oder Laxantien sowie organbezogen ansetzende Maßnahmen wie Injektionen oder chirurgische Eingriffe
  2. Medikamente mit zentralnervösem Ansatzpunkt: z. B. Antidepressiva oder Sedativa
  3. Psychotherapie mit psychodynamischem oder verhaltenstherapeutischem Ansatz
  4. Abgestufte körperliche Belastung und Aktivierung

Henningsen, Zipfel und Herzog haben alle seit 2001 zum Thema vorgelegten Übersichten und Analysen erfaßt. Die Gesamtschau dieser Befunde ergibt, daß eine variable und multimodale Behandlung von Patienten mit funktionellen somatischen Erkrankungen die größten Erfolgsaussichten hat. In der Tendenz kann festgehalten werden, daß ein Behandlungserfolg umso wahrscheinlicher ist, je weniger sich die medizinischen Maßnahmen auf isolierte Symptome in abgegrenzten Spezialfächern konzentrieren und statt dessen den gesamten psychosomatischen Zusammenhang einbeziehen. Der Patient sollte hierbei eine aktive Position einschließlich körperlicher Belastung einnehmen.

Fazit

Funktionelle somatische Syndrom erfordern:

  1. Akzeptieren des körperlichen Krankheitsbildes durch den Arzt
  2. Medizinische Versorgung in einer Hand mit somatischer und psychotherapeutischer Kompetenz
  3. Aktive Teilnahme des Patienten mit abgestufter körperlicher Belastung
Folien zum Vortrag

Dr. med. Bernhard Palmowski
Facharzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie
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