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KV Blatt Berlin, extra 2, 1999, 19
Ärztliche Kontinuität ist wichtig
Die Facharztpraxen für Psychotherapeutische Medizin und Psychosomatik haben in
den letzten Jahren ihren Beitrag zur ambulanten Versorgung der Patienten
kontinuierlich verbessert und den steigenden Anforderungen unseres modernen
Gesundheitssystems angepaßt.
Wirtschaftliche Kosten/Nutzen-Analysen und auch die ärztliche Erfahrung haben
gezeigt daß frühzeitige und qualifizierte psychosomatisch/psychotherapeutische
Interventionen ein hohes Kostensenkungspotential haben. Ansatzpunkte sind vor
allem die Vermeidung stationärer Fehlversorgung und die Verhinderung von
Chronifizierungen mit Langzeitarbeitsunfähigkeit und Frühinvalidität.
Es sind im wesentlichen drei gesundheitspolitisch gewollte und von der Ärzteschaft
engagiert realisierte Veränderungen, die den auf dem Gebiet der
psychotherapeutischen Medizin tätigen Fachärzten ein Mehr an Leistung
abgefordert haben. Erstens hat die gesteigerte Kompetenz der Allgemein- und Fachärzte
in der Psychosomatik dazu geführt, daß Diagnose und Therapie schneller und
direkter möglich werden. Zweitens haben Information und Aufklärung der Bevölkerung
gerade in Berlin zu mehr Interesse und Motivation in diesem Bereich geführt, so
daß diesbezügliche Indikationsstellungen eher angenommen und entsprechende
Angebote zunehmend selbst wahrgenommen werden. Drittens hat auch die Fachgruppe
Psychotherapeutische Medizin und Psychosomatik ihren Beitrag zur Umsetzung des
sinnvollen und richtigen Berliner Enthospitalisierungsprogramms in der
Psychiatrie geleistet und einen Teil dieser Patienten gemäß dem Leitsatz
"ambulant vor stationär' versorgt.
Die in den 70er Jahren durchgeführte großangelegte und bahnbrechende Berliner
Psychotherapiestudie hat eindeutig belegt: Unbehandelte
psychoneurotisch/psychosomatisch erkrankte Patienten haben mehr Krankenhaustage
als beispielsweise Rentner; qualitätsgesichert behandelte Patienten haben
weniger Krankenhaustage als der gesunde Bevölkerungsdurchschnitt.
Die Effizienz dieser Leistungen ist jedoch an unabdingbare Voraussetzungen
gebunden. Sie muß auf Grund des besonderen persönlichen Vertrauensverhältnisses
in unbedingter ärztlicher Kontinuität erfolgen. Sie braucht wegen der
langsamen Dynamik seelischer Strukturen längere Zeiträume. Sie erfordert ein
absolutes Maximum an Diskretion und Datenschutz. Diese drei conditiones sine qua
non sind im poliklinischen bzw. stationären Sektor nicht gegeben. Für jeden
Patienten hat - dies haben sämtliche Umfragen in seltener Eindeutigkeit belegt
- die freie und ungehinderte Wahl des Arztes höchste Priorität.
Dr. med. Bernhard Palmowski
Facharzt für Psychotherapeutische Medizin
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