Praxis für Psychosomatische Medizin
Psychotherapie - Psychoanalyse


Dr. med. Bernhard Palmowski, Berlin

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Z Psychosom Med (2005) 51, 199-203

Zeitschrift für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie


Die Akademie für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie in Berlin (APM) – 
Facharztweiterbildung im Verbund

Bernhard Palmowski, Berlin



 © Verlag Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen

Die Deutsche Ärzteschaft hat der Psychosomatischen Medizin und Psychotherapie den Versorgungsauftrag für ein breites Spektrum von Erkrankungen und eine große Zahl von Patienten übertragen. Dabei handelt es sich um jene ca. 25% der Bevölkerung, die laut der epidemiologischen Studie von Schepank psychogen erkrankt sind. Das Fachgebiet ist ätiologisch definiert und umfaßt sämtliche Erkrankungen, an deren Entstehung psycho-soziale und psychosomatische Faktoren maßgeblich beteiligt sind. Die zu versorgende Population erstreckt sich also von Patienten mit depressiven oder Angsterkrankungen sowie Persönlichkeitsstörungen über den großen Bereich der Somatisierungssyndrome hin bis zu kardiologischen oder onkologischen Erkrankungen mit somato-psychischen Störungen.

Wenn wir dieser Verantwortung gerecht werden wollen, müssen wir die jungen Ärztinnen und Ärzte auch entsprechend gut auf ihre Facharzttätigkeit vorbereiten. Die fachärztliche Weiterbildung ist speziell in unserem Fachgebiet durch den Erwerb einer fundierten Doppelqualifikation geprägt, sowohl in der somatischen Medizin wie auch in der Psychotherapie. Hierbei ist in der Psychotherapie die Behandlung einiger weniger ausgewählter Patienten mit einer bestimmten Methode nicht ausreichend. Die Tätigkeit des Assistenzarztes muß sich über die gesamte Versorgungsbreite und Versorgungstiefe unseres Faches erstrecken. Die notwendigen Rahmenbedingungen im ambulanten Bereich umfassen in diagnostischer Hinsicht eine offene Praxisführung sowie eine ausgedehnte Konsiliartätigkeit zum Erwerb fundierter differentialdiagnostischer Kenntnissen und Erfahrungen im internistisch-somatischen und psychiatrischen Grenzbereich. In therapeutischer Hinsicht gehören die breite und differenzierte Anwendung der analytisch begründeten Behandlungsverfahren in den erforderlichen Modifikationen von der konventionellen analytischen Einzelbehandlung über verschiedene Anwendungen der Gruppenpsychotherapie bis hin zu eher supportiv-stützenden Vorgehensweisen dazu. Das Gleiche gilt selbstverständlich für die Verhaltenstherapie. In jedem Fall muß der Assistenzarzt in seiner Weiterbildung das gesamte Erkrankungsspektrum des Fachgebietes in eigener diagnostischer und therapeutischer Tätigkeit unter engmaschiger Supervision erfahren haben.

In der Psychosomatischen Medizin ist die Vermittlung der besonderen fachlichen Kompetenzen für die ambulante Versorgung von grundlegender Bedeutung. Noch stärker als beispielsweise in der Inneren Medizin, der Gynäkologie oder der Chirurgie sind die stationären Fragestellungen und Probleme hier oft anders fokussiert als im ambulanten Bereich. So erstreckt sich ein größerer Teil der Behandlungen über Zeiträume von mehreren Monaten bis zu Jahren. Bei manchen Patienten ist sogar eine dauerhafte psychosomatischen Betreuung erforderlich. Insgesamt sind episodische Behandlungen eher nicht die Regel. Der Erwerb gefestigter fachlicher Routine und Sicherheit gerade im ambulanten Bereich ist im Hinblick auf die spätere Facharzttätigkeit deshalb unabdingbar. Wegen der Vielfalt und Komplexität der zu vermittelnden Inhalte, das heißt praktische ärztliche Tätigkeit als Assistent, Theorie, Lehranalyse im Einzel- wie auch im Gruppensetting, Supervision, Balintgruppe etc. wird der einzelne zur Weiterbildung befugte Arzt kooperieren müssen. Nur in einem Verbund stationärer und ambulanter Weiterbildungsstätten lassen sich die hohen Anforderungen an Struktur- und Prozeßqualität in der Weiterbildung erfüllen.

Als sich 1996 in Berlin eine Gruppe aktiver Fachärzte innerhalb der DGPM zusammenfand, um in Form der Akademie für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie ein Modell für eine gebietesbezogene Weiterbildung auf hohem Niveau zu entwickeln, war die Idee einer solchen vernetzten Struktur Neuland und es mußten zahlreiche formale, inhaltliche und organisatorische Hürden genommen werden. Dabei war es außerordentlich hilfreich, auf bereits langjährig bewährte Regelungen und Verfahrensweisen der ärztlichen Selbstverwaltung in der ambulanten Weiterbildung der anderen medizinischen Fächer zurückgreifen zu können. Sie waren die Grundlage, auf der die erforderlichen besonderen Handhabungen für unser Fachgebiet von Ärztekammer und Kassenärztlicher Vereinigung gemeinsam mit der Akademie entwickelt werden konnten.

Der erste Schritt erfolgt auf Ebene der Ärztekammer. Sie erkennt die jeweilige Praxis als Weiterbildungsstätte an und erteilt die Weiterbildungsbefugnis an den betreffenden Arzt. Voraussetzung hierfür ist die Prüfung der Eignung durch den zuständigen Weiterbildungsausschuß. Die Praxis muß das medizinische Spektrum des Fachgebietes in Diagnostik und Therapie darstellen und eine ausreichende Anzahl von Patienten versorgen. Als Beleg werden die entsprechenden KV-Abrechnungsbögen vorgelegt. Zwingend ist neben der Durchführung psychodynamischer Einzeltherapie in jedem Fall das Praktizieren von Gruppenpsychotherapie. Die untere Grenze der Behandlungsfälle liegt bei 50 pro Quartal und würde eine Befugnis für ein Jahr Weiterbildungszeit ermöglichen. Bei über hundert Fällen ist eine Befugnis von maximal zwei Jahren möglich. Als persönliche Voraussetzung für das Erteilen der Befugnis muß der ermächtigte Arzt eine mindestens fünfjährige Tätigkeit im Fachgebiet nachweisen. Auch räumliche Kriterien sind zu erfüllen. So muß dem Assistenzarzt ein abgeschlossener Raum in der Weiterbildungsstätte zur Verfügung stehen und er muß Zugang zu der erforderlichen Literatur, Zeitschriften etc. haben. Die Befugnis wird dem einzelnen Arzt für seine eigene Weiterbildungsstätte erteilt. Sie ist gebunden an die Kooperation in einem Verbund. Dies ist sinnvoll und zweckmäßig, um Theorie, Selbsterfahrung, externe Supervision und Balintgruppe anzubieten. Der Verbund gewährleistet die Vermittlung der genannten Inhalte durch qualifizierte Fachärzte. Vorlesungen und Seminare finden an festen regelmäßigen Terminen statt, zu denen der die Assistenzärzte von ihrer Weiterbildungsstätte freizustellen sind. Die Selbsterfahrung wird außerhalb der jeweiligen Weiterbildungsstätte erworben und steht unter Diskretion.

Der zweite Schritt erfolgt auf Ebene der KV. Die Tätigkeit des Assistenzarztes geschieht im Angestelltenverhältnis in hauptberuflicher Tätigkeit ganztags, mindestens halbtags. Sie muß in der Weiterbildungsstätte unter ständiger Aufsicht und Anleitung des befugten Arztes stattfinden. Voraussetzung ist die Genehmigung zur Beschäftigung des betreffenden Weiterbildungsassistenten durch die KV. Diese wird erteilt, wenn der Praxisinhaber von der Kammer befugt ist. Eine übermäßige Mengenausweitung darf übrigens nicht erfolgen. Der befugte Arzt rechnet die vom Assistenzarzt erbrachten Leistungen im Rahmen seiner Quartalsabrechnung ab und zahlt dem Assistenzarzt ein angemessenes Gehalt.

Die Ärztekammer Berlin erkennt bis zu zwei Jahren ambulanter Weiterbildung an. Dieser Zweijahreszeitraum stellt die notwendigen längerfristigen Behandlungen sicher. In der psychosomatischen Weiterbildung erscheint eine Tätigkeit in halber Stelle oft ausgesprochen sinnvoll, um auch Erfahrungen in darüberhinausgehenden längerfristigen Therapieverläufen im Rahmen einer Versorgungspraxis zu ermöglichen. Damit ergibt sich die Möglichkeit, beispielsweise zur Hälfte in der ambulanten psychosomatischen Weiterbildungsstätte tätig zu sein und zur anderen Hälfte in einer stationären psychosomatischen, internistischen oder psychiatrischen Weiterbildungsstätte. Unter didaktischen Gesichtspunkten und im Hinblick auf die Vernetzung von ambulanter und stationärer psychotherapeutisch-psychosomatischer Versorgung hat sich gerade diese Kombination besonders bewährt.

Jeder Weiterbildungsassistent innerhalb der Akademie führt ab Beginn seiner ambulanten Zeit analytische Behandlungen durch. Der Erwerb der Zusatzbezeichnung Psychoanalyse ist somit von Beginn an zentraler und integraler Bestandteil der Weiterbildung im Fachgebiet. Damit wird die analytische Behandlung ebenso wie die anderen Methoden von Anfang an in einem unmittelbar patientenbezogen praktisch orientierten Kontext erfahren.

Bei Langzeitbehandlungen, die im Rahmen der festgelegten Weiterbildungszeiten bei niedergelassenen Psychosomatikern durch die betreffenden Assistenzärzte nicht abgeschlossen werden können, besteht die Möglichkeit zur Fortführung im Status eines nebenberuflichen Teilzeitassistenten. Dieses von Ärztekammer und KV entwickelte Konzept kommt auch zur Anwendung im Falle von Fachärzten mit abgeschlossener Weiterbildung, welche die Bereichsbezeichnung Psychoanalyse noch erwerben möchten. Die Tätigkeit des in psychoanalytischer Weiterbildung befindlichen Arztes geschieht somit ebenfalls im Angestelltenverhältnis, allerdings nur nebenberuflich und auf Teilzeitbasis, also zeitlich eingeschränkt. Die Behandlungen müssen jedoch wie auch in der hauptberuflichen Gebietsweiterbildung vollständig in der Weiterbildungsstätte unter ständiger Aufsicht und Anleitung des befugten Arztes durchgeführt werden. Wie auch der Gebietsassistent muß der nebenberufliche Teilzeitassistent von der KV nach den oben genannten Bedingungen genehmigt werden. Auch hier rechnet der befugte Arzt die Leistungen des Assistenzarztes im Rahmen seiner Quartalsabrechnung ab und vergütet dem Assistenten die erbrachten Leistungen. Dieses Konzept hat sich neben seiner Bedeutung für die Behandlung einzelner auslaufender Fälle im Rahmen der Facharztweiterbildung, der nebenberuflichen Weiterbildung zum Zusatztitel Psychoanalyse selbstverständlich auch beim Erwerb der Bereichsbezeichnung Psychotherapie (künftig: Fachgebundene Psychotherapie) bewährt.

Die Gründung der Akademie für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie (APM) e. V. 1996 hat einen äußerst lebhaften Weiterbildungsbetrieb in Gang gebracht. In ihr arbeiten zum jetzigen Zeitpunkt zwei Kliniken, ein ambulantes Gesundheitszentrum, eine Hochschulabteilung, zwei Tageskliniken und 15 kassenärztliche Praxen zusammen. Aktuell sind 48 Assistenzärztinnen und –ärzte in Weiterbildung. Die befugten Ärzte kooperieren in der arbeitsteiligen Durchführung der Vorlesungen, Seminare, Selbsterfahrung, externen Supervision und Balintgruppen. Wichtig ist darüberhinaus die Unterstützung der Assistenten in allen Belangen der Rotation. Dies betrifft sowohl den Wechsel zwischen den obligatorischen Fachgebieten wie auch den zwischen ambulanten und stationären Weiterbildungsstätten.

Die Entwicklung und Realisierung dieses Verbundkonzeptes war und ist getragen von einem intensiven Geist kollegialer Zusammenarbeit und der gemeinsamen Überzeugung von der Zukunft unseres Fachgebietes. Es hat sich in der Realität außerordentlich bewährt und ermöglicht eine hochqualifizierte und breitbasierte Facharztweiterbildung. Die große Zahl von Bewerbungen um Assistentenstellen an Weiterbildungsstätten der Akademie zeigt die hohe Attraktivität des Konzeptes für junge Mediziner. Inzwischen ist die erste Generation dabei, die Weiterbildung abzuschließen, einige haben sich bereits niedergelassen. Sie sind die zukünftigen Träger unserer fachärztlichen psychosomatischen Identität. Ein ärztliches Fachgebiet ist nur so gut wie sein Nachwuchs.

Dr. med. Bernhard Palmowski, Droysenstr. 5, 10629 Berlin
Vorsitzender des Landesverbandes Berlin/Brandenburg der DGPM